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Sportlehrer haben Pflicht zur Ersten Hilfe - BGH-Urteil

Hirnschaden nach Kollaps im Sportunterricht

Erste Hilfe ist für Sportlehrkräfte (Neben-)Amtspflicht

Sportlehrerinnen und -lehrer sind nicht mit spontan Nothelfenden vergleichbar. Sie trifft die Erste-Hilfe-Pflicht in verstärktem Maß. Daher kann bereits eine fahrlässige Amtspflichtverletzung einen Haftungsanspruch gegenüber dem Dienstherrn auslösen.

Lehrkräfte sind verpflichtet, rechtzeitig und ordnungsgemäß zumutbare Erste Hilfe zu leisten. Nach dem am 4. April 2019 ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) – Az. III ZR 35/18  handelt es sich dabei um eine Nebenamtspflicht, die insbesondere Sportlehrkräfte betrifft.

Anlass für diese Entscheidung war der Fall eines hessischen Schülers, der im Sportunterricht zusammengebrochen war. Der Sportlehrer vor Ort kümmerte sich um das kollabierte Kind und verständigte sofort den Rettungsdienst. Bis zum Eintreffen des Rettungsarztes wurde jedoch nicht reanimiert. Der Schüler erlitt wegen mangelnder Sauerstoffversorgung irreversible Hirnschäden. Daraufhin hatte der heute 24-Jährige das Land Hessen auf Schmerzensgeld verklagt.

Was das Urteil für Sportlehrkräfte bedeutet

Zunächst ist festzuhalten, dass grundsätzlich jede Person gesetzlich verpflichtet ist, bei Unglücksfällen Erste Hilfe zu leisten. Der Umfang der gebotenen Hilfeleistung richtet sich nach den individuellen Fähigkeiten der helfenden Person – es muss nur die individuell bestmögliche Hilfe geleistet werden.

Sportlehrkräfte trifft die Erste-Hilfe-Pflicht jedoch in verstärktem Maß. Aufgrund der Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler verpflichtet sind, am Sportunterricht teilzunehmen und während diesem Unterricht ein höheres Verletzungsrisiko besteht, müssen Sportlehrkräfte über eine aktuelle Ausbildung in Erster Hilfe verfügen. Diese ermöglicht es ihnen, die erforderlichen Maßnahmen im Ernstfall rechtzeitig, angemessen und ordnungsgemäß durchzuführen.

In Baden-Württemberg muss bereits bei der Bewerbung für ein Lehramtsreferendariat ein Erste-Hilfe-Kurs im Umfang von mindestens neun Unterrichtseinheiten nachgewiesen werden und der Kurs darf nicht länger als zwei Jahre zurückliegen. Wer Sportlehrkraft werden möchte, muss zudem das Deutsche Rettungsschwimmerabzeichen in Silber oder Gold vorweisen. Durch diese Schulungen sind Lehrkräfte und vor allem Sportlehrkräfte grundsätzlich in der Lage, ihre Amtspflicht zur Erste-Hilfe-Leistung gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern zu erfüllen.

Wenn ihnen dabei Fehler unterlaufen, verletzen sie nach der BGH-Entscheidung rein objektiv betrachtet ihre Amtspflicht. Sie haften dann zwar grundsätzlich nach § 839 BGB für die dadurch eintretende Schäden. Die Schadensersatzverpflichtung geht jedoch gemäß Artikel 34 Satz 1 GG vollständig auf den Dienstherren über. Das heißt die geschädigte Person kann ihre Schadensersatzansprüche ausschließlich gegenüber dem Land Baden-Württemberg geltend machen. Eine Schadensersatzklage wegen Amtspflichtverletzung, die sich gegen die Lehrkraft persönlich richtet, ist nicht möglich. Deshalb ist durch die BGH-Entscheidung für die einzelne Lehrkraft kein höheres Haftungsrisiko eingetreten, sondern für deren Dienstherrn.

In der Regel müssen Lehrkräfte auch nicht damit rechnen, dass der Dienstherr den Schadensersatz von ihnen zurückfordert. Dies kann allenfalls dann geschehen, wenn die Lehrkraft ihre Amtspflicht grob fahrlässig oder gar vorsätzlich verletzt hat. Bei Fahrlässigkeit tritt die im Rahmen der GEW-Mitgliedschaft enthaltene Berufshaftpflichtversicherung ein. Diese und der GEW Rechtsschutz werden Mitglieder über die Amtshaftung hinaus schützen.

An dieser Rechtslage ändert auch das neue BGH-Urteil nichts. Das Gericht hat lediglich klargestellt, dass Sportlehrkräfte nicht mit spontan Nothelfenden vergleichbar sind und daher bereits eine fahrlässige
Amtspflichtverletzung einer Sportlehrkraft einen Haftungsanspruch gegenüber dem Dienstherrn auslösen kann. Das gilt für Lehrkräfte im Arbeitnehmerstatus analog.

Quelle: GEW-BW (Stand 27.11.2023)

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